Ren Yi gehörte zu den erfolgreichsten und einflussreichsten chinesischen Malern der sogenannten Shanghai-Schule. Als er 1857 in Shanghai ankam, nahm er den Künstlernamen „bonian“ (hundert Jahre) an und behauptete, dass er ein Jahrhundert brauchen würde, um erfolgreich zu sein. Um 1875 war Ren Yi jedoch der bekannteste Maler in Shanghai. Seine begehrten Vogel- und Blumengemälde folgten zunächst der Konvention der Song-Dynastie (960-1279), in der reiche Farbfelder innerhalb von Umrissen aufgetragen wurden, was zu dekorativen Mustern mit naturgetreuer Darstellung führte. Dieses Werk repräsentiert seinen reifen, spontaneren Stil, der sich durch eine lockerere Pinselführung, mehr Tuschewaschungen und größere Tonvariationen auszeichnet.
Diese fünf Vogelpaare repräsentieren die Fünf Kardinalbeziehungen, die dem neokonfuzianischen Prinzip folgen, dass eine strenge und korrekte Umsetzung der Hierarchie zwischen verschiedenen Gruppen zu sozialer Harmonie führt. Oben sitzt ein Paar langschwänziger Phönixe in den Ästen eines Wutong-Baums und stellt die wichtigste Beziehung dar: einen Herrscher und seine Untertanen. Dahinter tauchen zwei Kraniche auf, die eher mit Langlebigkeit assoziiert werden und für kindliche Frömmigkeit stehen. Über den Kranichen sitzt ein Oriolenpaar, das die Beziehung zwischen älteren und jüngeren Geschwistern symbolisiert. Die eheliche Treue wird durch ein Entenpaar verkörpert, das unten im Wasser schwimmt, und die Freundschaft wird durch das heitere Zusammenspiel zweier Bachstelzen dargestellt. Die Wahl eines so orthodoxen Motivs zeigt den festen Glauben des Künstlers an die traditionellen Werte der chinesischen Gesellschaft.