Klinische Praxisleitlinien

Die American Academy of Pediatrics (AAP) und die American Academy of Child and Adolescent Psychiatry (AACAP) haben auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse und des klinischen Konsenses von ADHS-Experten Praxisparameter für die Beurteilung und Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) entwickelt.

Als Ergänzung zur Praxisleitlinie der AAP hat die Society for Developmental and Behavioral Pediatrics (SDBP) eine Praxisleitlinie entwickelt, die bei der Behandlung von „komplexem ADHS“ helfen soll – definiert als ADHS, das mit einer oder mehreren Lern-, Entwicklungsstörungen oder psychiatrischen Störungen einhergeht.

AAP Clinical Practice Guidelines

2019 Guideline

Clinical Practice Guideline for the Diagnosis, Evaluation, and Treatment of Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder in Children and Adolescents
American Academy of Pediatrics (AAP)
Subcommittee on Children and Adolescents with Attention-Deficit/Hyperactive Disorder
Pediatrics, Oktober 2019

Die AAP veröffentlichte erstmals im Jahr 2000 klinische Empfehlungen für die Bewertung und Diagnose von Kindern und Jugendlichen mit ADHS; Empfehlungen für die Behandlung folgten 2001. Im Jahr 2011 wurden die Leitlinien überarbeitet. Seit der Veröffentlichung der Leitlinie 2011 wurden das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition (DSM-5), und neue Forschungsergebnisse zu ADHS veröffentlicht. Diese Veröffentlichungen sprechen nicht für drastische Änderungen der bisherigen Empfehlungen. Daher wurden bei dieser Überarbeitung der Leitlinie nur schrittweise Aktualisierungen vorgenommen, einschließlich der Hinzufügung einer wichtigen Handlungsanweisung in Bezug auf die Diagnose und Behandlung von gleichzeitig auftretenden Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS.

Ergänzende Informationen:

  • Aktualisierter Algorithmus für den Versorgungsprozess
  • Artikel zur Identifizierung von Barrieren bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS, einschließlich Empfehlungen zu deren Beseitigung

Leitlinie 2011

Diagnose, Bewertung und Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung bei Kindern und Jugendlichen
American Academy of Pediatrics (AAP)
Unterausschuss für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Steering Committee on Quality Improvement and Management
Pediatrics, October 16, 2011

Diese Leitlinie für die klinische Praxis aktualisiert und fasst zwei separate Leitlinien aus dem Jahr 2000 (für die Bewertung und Diagnose) und 2001 (für die Behandlung) in einem Dokument zusammen.

Die sechs Kernaussagen der Leitlinie sind wie folgt zusammengefasst:

  1. Kinderärzte und Hausärzte sollten bei Kindern im Alter von 4-18 Jahren eine Untersuchung auf ADHS einleiten. Diese erweiterte Altersspanne (früher konzentrierten sich die Leitlinien auf das Alter von 6 bis 11 Jahren) basiert auf neuen Erkenntnissen aus dem letzten Jahrzehnt, die darauf hindeuten, dass die bestehenden Diagnosekriterien bei der genauen Diagnose von Kindern in dieser erweiterten Altersspanne wirksam sind.
  2. Eine ADHS-Diagnose sollte den etablierten Richtlinien des DSM-IV (und des DSM-5, wenn dieses aktualisiert wird) folgen, einschließlich der Anforderungen an die Dokumentation der Symptome über einen längeren Zeitraum und in mehr als einer wichtigen Umgebung (z. B. zu Hause und in der Schule/Vorschule).
  3. Die Bewertung sollte die Beurteilung anderer Erkrankungen einschließen, die häufig zusammen mit ADHS auftreten, einschließlich emotionaler und verhaltensbezogener Erkrankungen, Entwicklungsstörungen und körperlicher Erkrankungen.
  4. Kinderärzte und Grundversorger sollten ADHS als eine Erkrankung betrachten, die eine chronische Behandlung erfordert, und bei der Koordinierung der Behandlung durch alle Beteiligten ein Modell der chronischen Behandlung und der medizinischen Versorgung anwenden.
  5. Die Behandlungsempfehlungen variieren je nach Alter des Kindes.
    1. Kinder im Vorschulalter (4-5 Jahre)): Eine von Eltern oder Lehrern durchgeführte verhaltenstherapeutische Intervention sollte die erste Behandlungslinie sein; eine medikamentöse Behandlung (Methylphenidat) kann in Betracht gezogen werden, wenn die erste Behandlungslinie nicht verfügbar oder unzureichend ist.
    2. Kinder im Grundschulalter (6-11 Jahre): Die Kombination aus medikamentöser Behandlung und verhaltenstherapeutischer Intervention hat die besten Ergebnisse.
    3. Jugendliche (12-18 Jahre): Von der FDA zugelassene Medikamente für diese Altersgruppe sollten verschrieben werden, vorzugsweise in Kombination mit einer Verhaltenstherapie.
  6. Wenn Medikamente verschrieben werden, sollten sie so dosiert werden, dass das Kind den größtmöglichen Nutzen bei möglichst geringen Nebenwirkungen erhält.

Diese Leitlinien wurden von der AAP in Zusammenarbeit mit mehreren Fachorganisationen entwickelt, darunter die American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, die Child Neurology Society, die Society for Pediatric Psychology, die National Association of School Psychologists, die Society for Developmental and Behavioral Pediatrics und die American Academy of Family Physicians. CHADD war die einzige Familienorganisation, die ebenfalls an der Entwicklung dieser Leitlinien beteiligt war und im Team durch die ehemalige CHADD-Präsidentin Beth Kaplanek vertreten wurde.

Praxis-Parameter der Amerikanischen Akademie für Kinder- und Jugendpsychiatrie (AACAP)

Praxis-Parameter für die Beurteilung und Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, 46:7, 894-921, 2007

Diese Praxis-Parameter konzentrieren sich auf den Beurteilungs-, Diagnose- und Behandlungsplanungsprozess, wobei eine entwicklungsbezogene Perspektive betont wird. Die Empfehlungen beruhen auf einer ausführlichen Überprüfung der wissenschaftlichen Literatur und einem klinischen Konsens unter Experten auf diesem Gebiet. Die Beurteilung umfasst klinische Interviews mit dem Kind und den Eltern sowie standardisierte Bewertungsskalen von Eltern und Lehrern. In der Regel sind Intelligenz- und Schulleistungstests erforderlich. Komorbidität ist häufig.

Die Eckpfeiler der Behandlung sind die Unterstützung und Aufklärung der Eltern, eine angemessene Schulplatzierung und Psychopharmakologie. Die wichtigsten Medikamente sind Psychostimulanzien, aber auch Antidepressiva und alpha-adrenerge Agonisten werden unter besonderen Umständen eingesetzt. Andere Behandlungen wie Verhaltensmodifikation, Schulberatung, Familientherapie und Gruppentherapie befassen sich mit den verbleibenden Symptomen.

Praxisparameter zum Einsatz von Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen
American Academy of Child & Adolescent Psychiatry
September 2009

Dieser Praxisparameter beschreibt die Behandlung mit stimulierenden Medikamenten. Er verwendet einen evidenzbasierten medizinischen Ansatz, der auf einer detaillierten Literaturauswertung und Expertenkonsultationen beruht. Zu den klinisch eingesetzten Stimulanzien gehören Methylphenidat, Dextroamphetamin und Amphetamin-Mischsalze.

Gesellschaft für Entwicklungs- und Verhaltenspädiatrie (SDBP) – Komplexe ADHS-Leitlinie

Gesamtleitlinie:
Society for Developmental and Behavioral Pediatrics Clinical Practice Guideline for the Assessment and Treatment of Children and Adolescents with Complex Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder
Journal of Developmental & Behavioral Pediatrics, 30. Januar 2020

Diese Leitlinie enthält fünf wichtige Handlungsanweisungen, die Klinikern helfen sollen, ADHS zu beurteilen, koexistierende Bedingungen zu bewerten und eine Behandlung einschließlich verhaltensbezogener und pädagogischer Interventionen und Medikamente durchzuführen.

Begleitdokumente:

  • Zusammenfassung
  • Zusammenfassungen der wichtigsten Handlungsempfehlungen
  • Behandlungsalgorithmen für den Umgang mit häufigen Begleiterkrankungen, einschließlich Autismus-Spektrum-Störungen, Tic-Störungen, Substanzkonsumstörungen, Angstzuständen, Depressionen, störenden Verhaltensstörungen; und die besondere Berücksichtigung von Vorschulkindern mit komplexem ADHS.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.