Die Melanosis coli wurde lange Zeit als harmlose Pigmentierung des Dickdarms angesehen, die mit der Verwendung von anthrachinonhaltigen Abführmitteln in Verbindung gebracht wurde. Neuere experimentelle und klinische Studien haben jedoch Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Melanosis coli/Abführmittelgebrauch und Darmkrebs geliefert.
Methoden: Bei 2.229 konsekutiven Patienten haben wir retrospektiv den Zusammenhang von Melanosis coli und Abführmittelkonsum mit kolorektalen Neoplasien analysiert. Alle Patienten hatten sich einer vollständigen Koloskopie unterzogen, und die kolorektalen Neoplasien waren histopathologisch gemäß der WHO-Klassifikation untersucht worden. Die Informationen über die Verwendung von Abführmitteln, die Darmgewohnheiten und die familiäre Vorbelastung mit Darmkrebs wurden den Krankenakten entnommen. Die statistische Analyse wurde mit dem Mantel-Haenszel-Test auf lineare Assoziation durchgeführt.
Ergebnisse: Das Vorhandensein von Darmkrebs war nicht mit Melanosis coli oder der Einnahme von Abführmitteln verbunden. Allerdings wurden kolorektale Adenome bei Patienten mit Melanosis coli signifikant häufiger gefunden als bei Patienten ohne Melanosis (p = 0,0002). Die mit Melanosis coli assoziierten Adenome waren jedoch signifikant kleiner als die nicht mit Melanosis assoziierten (p < 0,0001) und befanden sich vorwiegend im proximalen Kolon (p = 0,0002). Bei den Patienten mit Melanosis coli war das relative Risiko für tubuläre (1,80; 95% CI: 1,26-2,56) und tubulovillöse Adenome (2,03; 95% CI: 1,09-3,76) signifikant höher, nicht jedoch für villöse Adenome. Es wurden keine signifikanten Unterschiede im Grad der Dysplasie der Adenome bei Patienten mit und ohne Melanosis coli festgestellt.
Schlussfolgerung: Es scheint keinen Zusammenhang zwischen kolorektalem Krebs und Melanosis coli oder Abführmittelkonsum zu geben. Kolorektale Adenome finden sich häufiger bei Patienten mit Melanosis coli. Kolorektale Adenome enthalten keine melaninähnliche Pigmentierung. Die Assoziation von Adenomen mit Melanosis coli lässt sich dadurch erklären, dass selbst winzige Polypen als weiße Flecken innerhalb einer dunkel gefärbten Dickdarmschleimhaut leicht zu erkennen sind.