Topicity

Der stereochemische Begriff diastereotopic bezieht sich auf die Beziehung zwischen zwei Gruppen in einem Molekül, die, wenn sie ersetzt würden, Verbindungen erzeugen würden, die Diastereomere sind. Diastereotopische Gruppen sind häufig, aber nicht immer, identische Gruppen, die an dasselbe Atom in einem Molekül gebunden sind, das mindestens ein chirales Zentrum enthält.

Zum Beispiel sind die beiden Wasserstoffatome der CH2-Einheit in (S)-2-Brombutan diastereotopisch. Ersetzt man ein Wasserstoffatom (blau gefärbt) durch ein Bromatom, erhält man (2S,3R)-2,3-Dibrombutan. Ersetzt man das andere Wasserstoffatom (rot gefärbt) durch ein Bromatom, erhält man das Diastereomer (2S,3S)-2,3-Dibrombutan.

(S)-2-Brombutan (2S,3R)-2,3-dibromobutane (2S,3S)-2,3-Dibrombutan

In chiralen Molekülen, die diastereotopische Gruppen enthalten, wie z.B. in 2-Brombutan, gibt es keine Anforderungen an die enantiomere oder optische Reinheit; jedes Enantiomer erzeugt unabhängig von seinem Anteil enantiomere Diastereomersätze bei der Substitution diastereotoper Gruppen (obwohl, wie im Fall der Substitution durch Brom in 2-Brombutan, meso-Isomere streng genommen kein Enantiomer haben).

Diastereotopische Gruppen sind nicht spiegelbildlich zueinander um irgendeine Ebene. Sie sind immer unterschiedlich, in jeder Umgebung, aber möglicherweise nicht unterscheidbar. So sind zum Beispiel beide Paare von CH2-Wasserstoffen in Ethylphenylalaninat-Hydrochlorid (PhCH2CH(NH3+)COOCH2CH3 Cl-) diastereotop und geben beide Paare von unterschiedlichen 1H-NMR-Signalen in DMSO-d6 bei 300 MHz, aber in dem ähnlichen Ethyl-2-nitrobutanoat (CH3CH2CH(NO2)COOCH2CH3) gibt nur die CH2-Gruppe neben dem chiralen Zentrum unterschiedliche Signale von seinen beiden Wasserstoffen mit demselben Instrument in CDCl3. Solche Signale sind oft komplex, da es kleine Unterschiede in der chemischen Verschiebung, Überlappungen und eine zusätzliche starke Kopplung zwischen geminalen Wasserstoffatomen gibt. Andererseits ergeben die beiden CH3-Gruppen von Ipsenol, die drei Bindungen vom chiralen Zentrum entfernt sind, getrennte 1H-Doppelgänger bei 300 MHz und getrennte 13C-NMR-Signale in CDCl3, aber die diastereotopischen Wasserstoffe in Ethylalaninat-Hydrochlorid (CH3CH(NH3+)COOCH2CH3 Cl-), ebenfalls drei Bindungen vom chiralen Zentrum entfernt, zeigen kaum unterscheidbare 1H-NMR-Signale in DMSO-d6.

Abbildung 1. Diastereotopische Wasserstoffe in achiralen Verbindungen.

Diastereotopische Gruppen treten auch in achiralen Molekülen auf. So ist beispielsweise ein beliebiges Paar CH2-Wasserstoffe in 3-Pentanol (Abbildung 1) diastereotop, da die beiden CH2-Kohlenstoffe enantiotop sind. Durch die Substitution eines der vier CH2-Wasserstoffe entstehen zwei chirale Zentren auf einmal, und die beiden möglichen Wasserstoffsubstitutionsprodukte an einem beliebigen CH2-Kohlenstoff sind Diastereomere. Diese Art von Beziehung ist bei zyklischen Molekülen oft leichter zu erkennen. Beispielsweise ist jedes Paar von CH2-Wasserstoffen in Cyclopentanol (Abbildung 2) in ähnlicher Weise diastereotop, und dies ist leicht zu erkennen, da einer der Wasserstoffe in dem Paar in cis-Stellung zur OH-Gruppe steht (auf derselben Seite der Ringfläche), während der andere in trans-Stellung zu ihr steht (auf der gegenüberliegenden Seite).

Der Begriff diastereotop wird auch auf identische Gruppen angewandt, die an dasselbe Ende eines Alkenteils gebunden sind und die, wenn sie ausgetauscht würden, geometrische Isomere erzeugen würden (die ebenfalls in die Kategorie der Diastereomere fallen). So sind die CH2-Wasserstoffe von Propen diastereotop, wobei einer in cis-Stellung zur CH3-Gruppe steht und der andere in trans-Stellung zu ihr, und der Ersatz des einen oder des anderen durch CH3 würde cis- oder trans-2-Buten erzeugen.

Abbildung 2. Diastereotopische Wasserstoffe in einem chiralen Metallkomplex.

Die Diastereotopie ist weder auf organische Moleküle noch auf Gruppen, die an Kohlenstoff gebunden sind, noch auf Moleküle mit chiralen tetraedrischen (sp3-hybridisierten) Zentren beschränkt: So sind beispielsweise die Wasserstoffpaare in einer CH2 oder NH2-Gruppe im Tris(ethylendiamin)chrom(III)-Ion (Cr(en)33+), wo das Metallzentrum chiral ist, diastereotop (Abbildung 2).

Die Begriffe enantiotopisch und diastereotopisch können auch auf die Flächen planarer Gruppen (insbesondere Carbonylgruppen und Alkenmoleküle) angewendet werden. Siehe Cahn-Ingold-Prelog-Prioritätsregel.

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